St. Martin 16: Eigenwilliges Benehmen in vornehmer Gesellschaft


Martinus zu Gast beim Kaiser
Martinus war mehrfach bei den römischen Kaisern als Gast. Als angesehener Bischof brachte er oft die Interessen der Kirche in Verhandlungen ein. Die Kaiser sahen sich auch als Herrscher über die Kirche, während Martinus und viele andere Bischöfe die Eigenständigkeit der Kirche in Glaubensfragen betonten. Auf diesem Hintergrund wurden zwei Ereignisse von Martins Biograf berichtet, von denen eines sprichwörtlich geworden ist.
Einmal kam Martinus als Vertreter einer Bischofsdelegation zum römischen Kaiser, der auf seinem Thron saß. Als er Martinus sah, erhob er sich nicht, um ihm entgegen zu kommen. Er blieb sitzen, um zu zeigen, dass er der Herr und Martinus der untergebene Kirchenmann wäre. Martinus blieb stehen und sah den Kaiser lange an. Dann merkte der Kaiser, dass Feuer auf seinem Stuhl zu brennen begann. Deshalb erhob er sich und begrüßte Martinus im Stehen. Der Kaiser saß buchstäblich "auf einem heißen Stuhl". Martinus hatte dem Kaiser "Feuer unter den Hintern gemacht" bzw. "ihm Beine gemacht". Vielleicht war es auch nur der feurige Blick des Exorzisten, der den Kaiser zur Besinnung brachte.
Ein anderes mal saßen die Bischöfe mit dem Kaiser zusammen. Das Essen wurde mit einem Spruch des Kaisers begonnen, der danach seinen Becher an Martinus weitergab. Das war eine ehrenvolle Auszeichnung. Die Tischregel verlangte von Martinus, dass er mit Respekt den Becher an den Kaiser zurück gab. Martinus machte etwas anderes, um zu zeigen, dass die Kirche nicht dem Kaiser untersteht. Er gab den Becher anstatt zum Kaiser zurück an einen anderen Bischof, der neben ihm saß.